Differences
This shows you the differences between two versions of the page.
Next revision | Previous revision | ||
die_geschichte_der_fischerei_in_eckernfoerde_bis_1930 [2025/04/11 14:36] – created martin | die_geschichte_der_fischerei_in_eckernfoerde_bis_1930 [2025/05/28 13:31] (current) – martin | ||
---|---|---|---|
Line 1: | Line 1: | ||
- | ====== Die Geschichte der Fischerei in Eckernförde bis 1930 ====== | + | ===== Die Geschichte der Fischerei in Eckernförde bis 1930 ===== |
Friedrich Daniel verfasste die folgenden Ausführungen 1983 anlässlich des 150-jährigen Bestehens des Eckernförder Fischervereins. Nach späteren Angaben meines Vaters bestand damals angeblich kein Interesse seitens des Vereins oder anderer Stellen an dieser Niederschrift. Die Originale wurden meines Wissens später von meinem Vater der Heimatgemeinschaft Eckernförde übergeben und dürften sich noch dort befinden. Da ich diese Fassung aus teilweise unvollständigen Entwurfsunterlagen zusammengestellt habe, können Abweichungen von den ursprünglichen Handschriften möglich sein. | Friedrich Daniel verfasste die folgenden Ausführungen 1983 anlässlich des 150-jährigen Bestehens des Eckernförder Fischervereins. Nach späteren Angaben meines Vaters bestand damals angeblich kein Interesse seitens des Vereins oder anderer Stellen an dieser Niederschrift. Die Originale wurden meines Wissens später von meinem Vater der Heimatgemeinschaft Eckernförde übergeben und dürften sich noch dort befinden. Da ich diese Fassung aus teilweise unvollständigen Entwurfsunterlagen zusammengestellt habe, können Abweichungen von den ursprünglichen Handschriften möglich sein. | ||
- | ===== Überblick über die historische Entwicklung | + | ==== Überblick über die historische Entwicklung ==== |
Zur geschichtlichen Entwicklung der Fischerei in Eckernförde wurden in der Vergangenheit mehrere Abhandlungen, | Zur geschichtlichen Entwicklung der Fischerei in Eckernförde wurden in der Vergangenheit mehrere Abhandlungen, | ||
Line 9: | Line 9: | ||
Ich war selbständiger Fischermeister und gehörte über Jahrzehnte dem Berufsstand der Fischer an. Meine Vorfahren waren ebenfalls über Generationen Fischer. Diese Niederschrift basiert größtenteils auf meinen Tagebuchaufzeichnungen sowie auf Erzählungen von Eckernförder Altfischern aus den 1920er-Jahren. Es handelt sich also überwiegend um eigene Erlebnisse und Berichte von Augenzeugen. | Ich war selbständiger Fischermeister und gehörte über Jahrzehnte dem Berufsstand der Fischer an. Meine Vorfahren waren ebenfalls über Generationen Fischer. Diese Niederschrift basiert größtenteils auf meinen Tagebuchaufzeichnungen sowie auf Erzählungen von Eckernförder Altfischern aus den 1920er-Jahren. Es handelt sich also überwiegend um eigene Erlebnisse und Berichte von Augenzeugen. | ||
- | ===== Frühentwicklung der Fischerei bis zum Mittelalter ===== | + | ==== Frühentwicklung der Fischerei bis zum Mittelalter ==== |
Bereits in Urzeiten war der Fischfang neben der Jagd eine der Hauptnahrungsquellen der Menschen. Daher ist es nicht überraschend, | Bereits in Urzeiten war der Fischfang neben der Jagd eine der Hauptnahrungsquellen der Menschen. Daher ist es nicht überraschend, | ||
Auch im Raum Eckernförde weisen vorgeschichtliche Funde, wie die Muschelhaufen unterhalb von Carlshöhe am Windebyer Noor, auf die Nutzung der Gewässer zur Nahrungssicherung hin. Dies deutet auf einen Grund für die Ansiedlung in dieser Region. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass das Noor bis in die Neuzeit kein eigenständiger See war, sondern ein Teil der Eckernförder Bucht. Erst durch Sandablagerungen vor etwa 2000 Jahren wurde das Noor abgeschnürt, | Auch im Raum Eckernförde weisen vorgeschichtliche Funde, wie die Muschelhaufen unterhalb von Carlshöhe am Windebyer Noor, auf die Nutzung der Gewässer zur Nahrungssicherung hin. Dies deutet auf einen Grund für die Ansiedlung in dieser Region. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass das Noor bis in die Neuzeit kein eigenständiger See war, sondern ein Teil der Eckernförder Bucht. Erst durch Sandablagerungen vor etwa 2000 Jahren wurde das Noor abgeschnürt, | ||
- | Leider ist über die frühen Besiedlungen dieser Halbinsel und damit über die Gründerzeit Eckernfördes kaum etwas bekannt, da entsprechende Dokumente vermutlich bei der Niederbrennung der Stadt 1416 im Zuge des Rückzugs von König Erich von Pommern vernichtet wurden. Die erste erhaltene Urkunde mit einem Hinweis auf Eckernförde stammt aus dem Jahr 1197, in der „Godescalcus de Ekerenvorde“ erwähnt wird. Es bleibt daher der Fantasie überlassen, | + | Leider ist über die frühen Besiedlungen dieser Halbinsel und damit über die Gründerzeit Eckernfördes kaum etwas bekannt, da entsprechende Dokumente vermutlich bei der Niederbrennung der Stadt 1416 im Zuge des Rückzugs von König Erich von Pommern vernichtet wurden. Die erste erhaltene Urkunde mit einem Hinweis auf Eckernförde stammt aus dem Jahr 1197, in der „Godescalcus de Ekerenvorde“ erwähnt wird. Es bleibt daher der Fantasie überlassen, |
- | ===== Die Fischerei im Mittelalter | + | Im Mittelalter |
- | Die Hauptfanggebiete | + | ==== Die Fischerei |
- | Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 bestanden die Gutsherren von Windeby und Marienthal auf ihren Rechten und stellten entsprechende Schilder am Strand auf. Auch vor Gut Noer galten bis zu diesem Zeitpunkt Strandrechte. Wenn Waadenfischer das Gebiet vor Noer befischten, forderte der Fischer von Noer oft einen Tribut an Fischen für das fürstliche Gut. Bei Nichterfüllung drohte eine Anzeige beim Fischereiamt, | + | Die Hauptfanggebiete im 16. Jahrhundert waren das heutige Noor, der Hafen und der Bereich vor dem Weststrand (vom Hafen bis etwa Aschau). Aufgrund der Fangplätze vor dem Strand gab es bereits Mitte des 16. Jahrhunderts Streitigkeiten mit den umliegenden Adeligen über die Strandnutzung durch die Fischer. Um 1554 wurde dieser Streit beigelegt, indem den Fischern gegen eine Abgabe die Strandnutzung gestattet wurde. Diese Abgabe, der sogenannte „Mattfisch“, |
+ | |||
+ | Um 1600 schlossen sich etwa 20 Fischer dieser Vereinbarung an und leisteten den „Mattfischeid“, | ||
+ | |||
+ | +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ | ||
Als Fanggeräte wurden im Mittelalter neben Stellnetzen, | Als Fanggeräte wurden im Mittelalter neben Stellnetzen, | ||
+ | Dass die Fischerei und auch die Fischverarbeitung bereits Anfang des 18. Jahrhunderts der Reglementierung und Rechtsprechung der Obrigkeit (Magistrat, Bürgermeister) unterlagen, beweisen einige Protokollauszüge aus dieser Zeit, die ich während meiner Tätigkeit als 2. Vorsitzender des Eckernförder Fischerei-Vereines zusammen mit anderen Unterlagen in der alten Bundeslade des Vereins vorfand. Ich habe mir damals Abschriften dieser Unterlagen gefertigt, da ich sie doch für bedeutend für die Entwicklungsgeschichte des Fischereiwesens in Eckernförde fand. | ||
+ | |||
+ | Als sonstige Unterlagen waren u.a. in der Lade eine Bedankungsurkunde von Fürst Bismarck über die Namensgebung der marinierten Heringe (Bismarckheringe) sowie Unterlagen über die Grönlandfahrten von Flensburger Robbenfischern zu finden. Ich weiß nicht, ob diese Unterlagen noch vorhanden sind. | ||
+ | |||
+ | Die Protokollauszüge entstammen offensichtlich einer amtlichen Verhandlungsniederschrift (Stadtprotokoll? | ||
+ | |||
+ | Ich möchte den Inhalt der vorgefundenen Protokollauszüge den Interessierten im Originaltext abschriftlich zur Kenntnis geben. Leider waren einige Stellen unleserlich, | ||
+ | |||
+ | - ‚mehr an Wall den Verkäufern zu bieten, zu geben, oder durch Geschenkt und Gabe versuchen und sonstens die Heringe zu kriegen oder an sich zu bringen.‘ | ||
+ | |||
+ | 3ti) Behalten die genannten Heringsräucherer wegen hierselbst gefangenen Heringe und Breitlinge (Anmerkung - Sprotten) die Freiheit, die sie vor diesem gehabt, womöglich solche nach Gefallen zu kaufen und zu verkaufen, jedoch mit der ausdrücklich beorderten Einschränkung und bei der in No2 (Anternminier) der Strafe bei solcher Verkaufung, allemal wegen solche nach Hamburg und weiter gehen, die vor allen gesetzliche taxe zu beachten und genauestens zu befolgen. | ||
+ | |||
+ | 4ti) In Ansetzung der Garn-Heringe soll die ordentliche Verteilung und Conjunation beliebte Taxe in No1 angeführt, strikte beobachtet werden, und zwar bei vier Mark Kurant Bruche vor jedesmaligen Contracention, | ||
+ | |||
+ | 5ti) Bleibt es wegen der in Wall fortgegebenen Auftrag, gelte als ?. Einteils bei dem alten Herkommen, dass solcher nämlich allzeit ferner bezahlt, sonst aber weiter nicht öffentlich oder heimlich gegeben werden soll und wie im übrigen. | ||
+ | |||
+ | 6ti) Die von Euren Hochedlen Magistrat dieser Stadt in Ansetzung der zum verkauft allhier ankommende Heringe und Breitlinge unterm 6ten November 1743 ergangene Verfügung in ihren Valeur verbleibt und derselben von deren Transigenten auf einiger Art und Weise ?? nicht entgegen gehandelt werden darf, hingegen war die hier immer beliebet und und überhaupt, oder einer anderen vertrakt um und zu aller Zeit, von deren Transegentibus und deren Erben oder derjenigen welcher künftig die Heringsraucherei anzufangen gdenken und beginnen, auf das pünktlichste beobachtet und nachgelobet ?. Von letzteren und deren consorten allemal von deren Anfängen ihrer Räucherei mit unterschrieben werden soll, so hoffen und bitten dieselben Euren Hochedlen Stadt-Obrigkeit hierdurch gehorsamst anderen gültigen Approbation dieses Vergleichs unter anderen dahin mitzuteilen, | ||
+ | |||
+ | Wir Betroffenen haben diesen Vergleich bei Verpfändung unserer Güter, und die ferner sich einfindenen Herings-Räucherer gleichfalls bei selbiger Verbindung eigenhändigt unterschrieben. | ||
+ | |||
+ | Jetzo ist solcher Geschehen, Eckernförde, | ||
+ | |||
+ | (Unterschriften) | ||
+ | Frantz Krantz, Daniel Hinrichsen, Elisabeth Meyeren, Friedrich Hinkelmann, Catarina Margaretha Petersen (mit geführter Hand) Frantz Hinrich Daniel,4 Nic.A.E. Schlotmann, Thomas Jurgen Moller, Friedrich Detlef Julius Kock. | ||
+ | |||
+ | Auf Seite 356 Copie Nr. 8/1780 wird weiter ausgeführt: | ||
+ | |||
+ | Wenn die hiesigen Bürger und Heringsräucherer Jürgen Dietrich Kock, Friedr. Detlef Julius Kock sich mittels einer wieder die Bürger und Fischer Michael Scheller und Lorenz Thomsen et Consorten unterm 26ten Oktober vorigen Jahres eingegangene Vorstellung darüber beschwert daß die Beklagten in ihren Revieren ihre Garn aussetzten und sie mithin in ihren Besitzen stolperten, letzere die Fischer aber ihnen die augenblicklichen Besitze der benannten Reviere und besonders des Zuges um Steenacker streitig machten, über diese Sache ‚abs-que omistapsitte-judica‘ zu untersuchen erachtet, und die strittigen Fangplätze nicht nur auseinander zu reissen, sondern auch fürs künftige, ein fester Regulativ ausfindig zu machen, wo nach beide Kläger und Beklagte sich zu richten. | ||
+ | |||
+ | Als hat derselbigen von dieser Streitsache nicht nur ein sondern behufs einer zu machenden Regulativ eine hinlängliche Kenntnis zu erhalten, zu vorliegende male nicht nur die Heringsräucherer sondern auch die Fischer mündlich vernommen und allendlich nach vielen langen gewordenen Bemühungen nach strenger anordnung möglichst sowohl der Ersteren als Letzteren sich zur Vermeidung nachdrücklicher Entscheidung genau zu erhalten, antworteten sie, diesen zu folgen wollen. | ||
+ | |||
+ | Die Waadenfischer die ihre beikommende Neuen-Zuge, Steenacker mit einbegriffen als namentlich. | ||
+ | |||
+ | 1. By de Kuhle | ||
+ | 2. De Keteltog | ||
+ | 3. Luchs-Kuhle | ||
+ | 4. Deeptog | ||
+ | 5. Schaar | ||
+ | 6. Bektog | ||
+ | 7. Fuhlbek | ||
+ | 8. Kronsort | ||
+ | 9. Steenacker | ||
+ | |||
+ | So wie bisher im Besitze derselben gewesen und solche bisher bezogen haben, nach wie vor uneingeschränkt behalten, es sollen die Fischer ihm mit ihren Fischernetzen im geringsten nicht hinderlich sein.‘ | ||
+ | |||
+ | Weiteres fehlt leider von den Niederschriften. | ||
+ | |||
+ | An den vorstehenden Ausführungen ist bemerkenswert, | ||
+ | |||
+ | Zu den vorgenannten Waadenzügen ist es vielleicht doch von Interesse, wo sie sich befanden. Erstaunlich ist, dass sie bis zum Ende der Waadenfischerei etwa Anfang der dreißiger Jahre ihre Namen und Standorte behielten. Merkwürdig in der vorstehenden Aufzählung ist, dass der Zug ‚Steenacker‘ als letztes genannt wird, obwohl er zwischen ‚Keteltog‘ und ‚Luchskuhle‘ lag. Es ist anzunehmen, dass dieser Zug erst später eingeführt wurde. | ||
+ | |||
+ | Lage der benannten Waadenzüge: | ||
+ | |||
+ | Der Zug ‚By de Kuhle‘ war bis 1914 (wurde damals aufgegeben wegen Behinderung der Hafeneinfahrt) von der Brückenhake (jetziger Molenanfang) bis zum alten Steinwellenbrecher. Ausgesetzt wurde die Waade in Richtung Logenhaus (ehemals Krull’s Hotel). Bei der Mole ist die alte 1936 entstandene Mole gemeint. | ||
+ | |||
+ | Der Zug ‚De Keteltog‘ war unterhalb des früheren Holzlagers von Timm südlich von der heute noch stehenden Mole bis etwa zur heutigen Gastwirtschaft ‚Aurora‘. | ||
+ | |||
+ | 4 Hierbei handelt es sich dem Vernehmen nach um einen Bruder meiner Vorfahren in direkter Linie, welche zumeist den Vornamen ‚Fritz oder Friedrich‘ führten. | ||
+ | |||
+ | Der nächste Zug ‚Steenacker‘ war bis zum Platz, an dem heute die Firmen Langefeldt und Hofacker Anlieger sind. | ||
+ | |||
+ | Hieran schloss sich der Zug ‚Luchs-Kuhle‘ an, der etwa bis zum Strandzugang beim heutigen Ruderclub ging. Dies war nördlich der Seebadeanstalt vom Fischer Lorenz Neumann. Dieser Waadenzug konnte auch südlicher ausgesetzt werden. | ||
+ | |||
+ | Der nächste Zug war der ‚Deeptog‘ unterhalb der Mitte vom Exer. Dieser Waadenzug wurde später aufgegeben, wahrscheinlich um mehr Platz für die weiteren Züge zu haben. | ||
+ | |||
+ | Es folgte der Zug ‚Schaar‘, | ||
+ | |||
+ | Dann kam der ‚Bektog‘, | ||
+ | |||
+ | Der weiter im Protokoll benannte Zug ‚Fuhlbek‘ war auf der nördlichen Strandseite am ‚Ort‘ (etwa heutiger Segelhafen) und der Zug ‚Kronsort‘ befand sich auf der Südseite vor Kronsort in der Nähe von Aschau. | ||
+ | |||
+ | Mit der Ausweitung der Fangplätze entlang der Bucht entstanden in den Folgejahren weitere Waadenzüge, | ||
+ | |||
+ | Die vorgenannten Protokollauszüge beweisen, dass es zu dieser Zeit bereits 9 Fischräuchereien in Eckernförde gab, die auch das Privileg zur Waadenfischerei hatten. Die Rechte aus diesem Privileg nahmen sie auch wahr, wie der Streitfall aus 1780 gegen die besagten Kleinfischer beweist. Gerade über den Fangplatz ‚Steenacker‘ hat es auch in den späteren Jahren immer wieder Streitigkeiten zwischen den Waadfischern und den Kleinfischern gegeben. Der Fangplatz wurde dann später durch die Provinzialregierung den Kleinfischern zugesprochen. | ||
+ | |||
+ | Es ergibt sich auch aus den Aufzeichnungen, | ||
+ | |||
+ | An dieser Stelle noch einige Ausführungen zur Fischverarbeitung in der damaligen Zeit. Aus entsprechenden Unterlagen ist zu entnehmen, dass auch im Seehandel des 17. und 18. Jahrhunderts viele Salzheringe sowie Räucherware von Eckernförde aus ihren Weg nach außerhalb fanden. Hieraus ist zu schließen, dass hinsichtlich des Räucherverfahrens anders als heute verarbeitet wurde, denn nach der heutigen Räucherart hätten die Fische die langen Transportwege nicht überstanden. | ||
+ | |||
+ | In diesem Zusammenhang erzählte mir Anfang der 20er-Jahre Joh. v. Soosen, zu der Zeit ein alter Eckernförder Fischer und Räucherer, einiges über die Fischräuchereien und den Versand von Frischfisch und Räucherware in Eckernförde aus der selbsterlebten Zeit um 1870, also bevor die Eisenbahn existierte. | ||
+ | |||
+ | Hiernach wurden die vielen in Eckernförde angelandeten Fische, grüne Heringe, Dorsch oder Plattfische, | ||
+ | |||
+ | Besonders die geräucherten Sprotten galten als Delikatesse und der Versand nahm in diesem Bereich einen großen Umfang an. Da als Versandort Kiel galt, entstand bekanntlich der Begriff ‚Kieler Sprotten‘, | ||
+ | |||
+ | Joh. v. Soosen berichtete auch von den ‚Karnern‘. Hierbei handelte es sich um einen besonders hart geräucherten Hering, der als Dauerware haltbar war und besonders von den Bauern in der Schlei-Gegend, | ||
+ | |||
+ | Nach seinen Angaben hat v. Soosen, der vorher Besitzer von 2 Waaden war und nach dem Verkauf als Räuchermeister in Eckernförde und später in Kappeln gearbeitet hat, in Kappeln bei der Räucherei Fr. Föh jedes Frühjahr noch mehrere Jahre lang die zu dieser Zeit reichhaltigen Schleiheringe zu ‚Karners‘ geräuchert. Diese wurden jedoch nicht mehr mit Fuhrwerken abgeholt, sondern mit der Post oder als Eilgut mit der Bahn in den Süden versandt. Reisen bis zum Verzehr überstehen. Heute wird ein ähnlich verarbeiteter Hering teilweise noch als sogenannter Lachshering angeboten. | ||
+ | |||
+ | Von einigen Räuchereien in Eckernförde wurden ‚Karner‘ bis zum Krieg 1914/18 und in Kappeln auch noch später als Dauerware hergestellt. Es ist anzunehmen, dass die Heringe bereits im 17. Jahrhundert so geräuchert worden sind, da der Begriff ‚Karner‘ zu dieser Zeit bereits auftaucht. Sonst hätten die Heringe, wie bereits gesagt, die langen Transportwege nicht überstanden. | ||
+ | |||
+ | In Eckernförde war dem Vernehmen nach der 1716 in Eckernförde geborene Fischer Friedrich Hinkelmann der erste, der sich für das Räuchern von Fischen besondere Räucherkammern baute und somit die erste echte Fischräucherei in Eckernförde begründete. Vorher wurden die Fische zumeist von den Fischern über den offenen Herd oder im Schornstein geräuchert. Diese Verfahren wurden noch lange von Fischern, die ihren eigenen Fang räucherten und verkauften, angewendet. | ||
+ | |||
+ | Aus der Geschichte der Fischverarbeitung und insbesondere über das Gewerbe der Fischräuchereien lässt sich sicherlich auch manches Interessante berichten, aber ich möchte nun wieder zum eigentlichen Thema, die Fischerei und die Fangmethoden, | ||
+ | |||
+ | === Die Fischerei ab dem 19. Jahrhundert === | ||
+ | |||
+ | Durch die Zunahme der Bevölkerung vergrößerte sich zwangsläufig auch der Bedarf an Nahrungsmitteln und damit auch an Fisch. Mit verbesserten Netzarten und Ausweitung der Fanggründe vom Noor und Hafengebiet zu den weiteren Küstenstreifen der Bucht trug man der erhöhten Nachfrage Rechnung. Wie bereits erwähnt, wurden neue Waadenzüge gebildet. Diese Waadenzüge wurden entsprechend ihrer Lage benannt und unterlagen den Bestimmungen der Stadt bzw. unterstanden dem königlichen Stadtvogt und später der Provinzialregierung. Die Waadenzüge wurden den Waadfischern durch die Behörden mit den entsprechenden Privilegien und Pflichten zugewiesen. Verstöße hiergegen wurden mit Strafen bzw. Bußen geahndet. Die alten Bestimmungen für die Waadenfischerei sind im Prinzip bis zum Ende der Waadenfischerei um etwa 1930 als Grundlage für die Fischereiverordnungen gültig geblieben. | ||
+ | |||
+ | Mit dem Wachsen der Fischerei und der damit verbundenen Ausweitung der Fanggründe außerhalb der Innenförde und Verlagerung auf Wassertiefen von bis zu 10 ?????????? | ||
+ | |||
+ | Durch die sich Ende der 20er Jahre rapide verschlechterten Fangergebnisse, | ||
+ | |||
+ | Für die über Jahrhunderte alte Waadenfischerei, | ||
+ | |||
+ | Im Zweiten Weltkrieg waren nochmal 3 Waaden im Betrieb, die sich auch rentierten, aber dann auch plötzlich wieder zu Ende gingen. Dasselbe Schicksal erlebte die um 1918 eingeführte Ringwaadenfischerei gegen Ende der 20er-Jahre. Diese lebte 1950 mit 3 Ringwaaden erneut auf und erzielte für eine kurze Periode auch gute Erfolge. Nach einem letzten großen Fang der 3 Ringwaaden ging diese Fischerei auch endgültig zu Ende. | ||
+ | |||
+ | Die bereits erwähnte Ausweitung der Fischerei zu Beginn des 19. Jahrhunderts führte auch zur Gründung des Fischerei-Vereines. Im Jahr 1831 stellten mehrere Waaden- und Kleinfischer beim Magistrat der Stadt einen Antrag um Zulassung für die Gründung eines Vereines. Hauptgrund war vor allen Dingen, dass hierdurch eine bessere Regelung für die Verteilung der Fangplätze erreicht und eine Art Berufsvertretung der Waadenfischer in etwa nach Art der Zünfte auch gegenüber der Obrigkeit wahrgenommen werden sollte. | ||
+ | |||
+ | Im Jahr 1833 wurde der Verein gegründet. Gründungsmitglieder waren 37 Waaden- und Kleinfischer. Zu dieser Zeit waren 9 Handwaaden in Betrieb. Da diese Waaden noch verhältnismäßig klein waren, kann man pro Waade mit einer Besatzung von 4 Mann rechnen. Im Jahre 1842 waren 12 Waaden in Betrieb, die sich immer noch nur auf die vorgenannten 9 Waadenzüge in Stadtnähe beschränkten. Im weiteren Verlauf kamen weitere Waaden hinzu und es wurden entsprechend die Waadenzüge erweitert. Mit der Vergrößerung der Waaden stieg die Zahl der Besatzung auf 6 bis 8 Mann pro Waade. 1850 waren 16 Waaden im Verein registriert und auch andere Fischer konnten die Mitgliedschaft erwerben. 1856 waren bereits 54 Fischer Mitglied des Vereines. Zu dieser Zeit wurde eine eigene Kranken- und Witwenunterstützungskasse gegründet, die noch bis zur Währungsreform im Juni 1948 entsprechende Zahlungen leistete. 70 Mitglieder beschlossen 1860 eine neue Satzung, die 30 Artikel umfasste, und 1865 stimmten 65 Fischer für eine Änderung der Satzung (Artikel 11). Im Jahr 1880 erklärten 170 Fischer ihre Mitgliedschaft im Verein. | ||
+ | |||
+ | Wie auch heute noch allgemein festzustellen ist, je größer der Verein, umso mehr Schwierigkeiten im Verein. Dieser Grundsatz galt auch damals für den Fischerei-Verein. Es hat zu dieser Zeit oft Streit gegeben zwischen den Mitgliedern, | ||
+ | |||
+ | Nach einer Statistik des Oberfischmeisteramtes gab es 1894 in Eckernförde 250 Berufsfischer und über 100 Nebenerwerbs- oder Gelegenheitsfischer. Letztere waren zum großen Teil hauptberuflich im Baugewerbe tätig und gingen der Fischerei in den Wintermonaten nach, wenn sie im Hauptberuf nicht arbeiten konnten. Viele von ihnen hatten eigene Boote und entsprechende Netze. Um die Jahrhundertwende erlebte die Eckernförder Fischerei ihre beste Zeit und stellte einen wichtigen Wirtschaftsfaktor in der Stadt dar. In der Waadensaison waren zu dieser Zeit 72 Waaden mit 144 Booten in Betrieb. Rechnet man pro Boot 3 bis 4 Mann Besatzung, so waren allein in diesem Zweig ca. 550 Mann beschäftigt. Daneben gab es dann noch die Fischer, welche mit ihren Booten oder Quasen die Fischerei mit Stellnetzen auf Hering, Sprotten und Butt betrieben. Auch hier waren in der Regel 3 Mann Besatzung je Boot notwendig, so dass nochmals an die 100 Mann in der Fischerei tätig waren. Rechnet man noch die große Anzahl der Arbeitskräfte in der Fischverarbeitung hinzu, kann man den enormen Wirtschaftsfaktor für die Stadt bemessen, die zu dieser Zeit ca. 5500 Einwohner hatte. In guten Fangsaisonen waren auch ein Teil der Kieler Fischer in Eckernförde tätig. | ||
+ | |||
+ | In diesem Zusammenhang taucht natürlich die Frage auf, wieso von dieser großen Zeit der Fischerei so gut wie nichts nachgeblieben ist. Zu dieser Zeit war der Fischer allein auf sein Können, seinen Fleiß und seine Kenntnisse über Wind, Wasser und das Fischverhalten angewiesen. Für schlechte Wetterperioden und insbesondere für Eiswinter hatte er selbst Vorsorge für sich, seine Familienangehörigen und teilweise auch für seine Besatzung zu treffen. Subventionen, | ||
+ | |||
+ | Die große Zunahme des Fischereigewerbes ab etwa 1860 ist wohl auch darauf zurückzuführen, | ||
+ | |||
+ | In diesem Zusammenhang möchte ich einen kurzen Bericht aus eigener Erinnerung einfügen. | ||
+ | |||
+ | Am Jungfernstieg, | ||
+ | |||
+ | Ich möchte meinen Bericht nun zunächst der Fischerei auf Plattfisch zuwenden. Der Fang von Plattfisch befasste sich im Wesentlichen mit dem Goldbutt und später auch von Struffbutt. Als Nebenfang gab es dann noch den einfachen Butt, auch Plaaten genannt. | ||
+ | |||
+ | Die Anzahl der Boote für die Goldbuttfischerei, | ||
+ | |||
+ | Der Bünn hat den Zweck, die gefangenen Plattfische (Goldbutt, Struffbutt, Steinbutt und auch Dorsche) lebend an den Markt zu bringen. Zu dieser Zeit gab es noch nicht die Eiskonservierung an Bord und tote Fische waren nicht abzusetzen. In den jeweiligen Küstenhäfen hielten die Fischhändler ebenfalls schwimmende große Fischkisten im Wasser verankert, um den lebend angelandeten Fisch ebenfalls bis zum Verkauf lebendig zu erhalten. Wie gesagt, tote Fische, auch an Bord geschlachtete Ware, konnten noch bis in die zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts so gut wie nicht verkauft werden. Selbst am damals großen Kieler Fischmarkt war der Handel sehr sensibel und bestand trotz der späteren Konservierung mit Eis (z. B. bei den Fischdampfern) auf lebende Kutterware. | ||
+ | |||
+ | Der Plattfischfang war in den Sommermonaten die Hauptfischerei. Sie wurde überwiegend mit Stell- oder Treibnetzen (Takel) betrieben. Es gab jedoch auch mehrere Buttwaaden in Eckernförde. Der angelandete Fisch wurde zum Teil direkt an den Verbraucher zu Stieg (20 Stück) oder in Halvstieg (10 Stück) verkauft oder ging lebend an den Fischhandel und an die Räuchereien. Der Struffbutt galt damals und ist auch heute noch gekocht mit Petersilien-Soße aus dem Fischwasser eine Delikatesse, | ||
+ | |||
+ | Im Zeitraum von 1890 bis 1894 wurden nach vorliegenden Aufzeichnungen (Fischereiaufsicht) die größten Goldbuttfänge und Anlandungen in Eckernförde verzeichnet. Solche Mengen sind vorher und erst recht danach nicht wieder erzielt worden. An diesen großen Goldbuttfängen waren an die 50 Segel-Quasen mit der Buttnetzfischerei (Treibnetze) aber auch mehrere Buttwaaden beteiligt gewesen. In diesem Zusammenhang hat mir der Fischer Joh. Föh (mein Schwiegervater), |